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Blogartikel

Interview mit Dr. med. Christoph Reich

Schlaf und Bett als Schmerzursache – Beitrag 02

Portrait von Dr. med. Christoph Reich

Schlafposition und Bettenqualität als wirksame Behandlung

Schlaf und Bett können auf verschiedene Weise Schmerzen verursachen und beeinflussen. Es ist nicht immer einfach, diese Zusammenhänge zu ergründen. Eine Übersicht mit möglichen Strategien findet sich im Beitrag „Schlaf und Bett als Schmerzursache“.

Schlaf und Bett können auf verschiedene Weise Schmerzen verursachen und beeinflussen. Es ist nicht immer einfach, diese Zusammenhänge zu ergründen. Eine Übersicht mit möglichen Strategien findet sich im Beitrag „Schlaf und Bett als Schmerzursache“.

Weil der Schlaf naturgemäss mit vielen unbewussten Verhaltensweisen einhergeht, ist es häufig nicht ganz einfach, die im Einzelfall richtigen Massnahmen heraus zu finden. Im Zentrum steht die Auswertung der Erfahrungen und Beobachtungen der Patientin und des Patienten. Eine wichtige Informationsquelle sind zudem Testmassnahmen, die versuchen die Symptome zu reduzieren oder provozieren.

Die vielversprechendsten Fragen und Tests sollen hier besprochen werden.

1. Beobachten der Schlafposition und eventueller Zusammenhänge zu Schmerzen
Wie gut eine Person zum Schlaf und zu den Schlafpositionen Angaben machen kann, hängt stark von der Schlafqualität ab. Wer tief und gut schläft, kann meistens kaum Aussagen machen, wer sehr oberflächlich schläft, kann relativ zuverlässige Aussagen machen, wobei auch hier die Tiefschlafphase eine Black-Box darstellt. Studien haben gezeigt, dass schlechte Schläfer und Schläferinnen die Zeitdauer, während der sie effektiv schlafen, deutlich unterschätzen. Andererseits glauben sie genau zu wissen, in welchen Positionen sie wie lange liegen. 

Einzelne Patienten wissen genau, welche Position sich für sie ungünstig und schmerzverstärkend auswirkt. Andere können wenigstens sagen, welche Position suspekt ist.

Eine Möglichkeit einen Schritt zur Klärung zu machen, ist ein Liegetest tagsüber. Das kann zum Beispiel bedeuten, eine suspekte Position tagsüber für mindestens eine Stunde einzunehmen und die Auswirkungen zu beobachten. Selbstverständlich können so auch mal mehrere Positionen getestet werden.


2. Beobachtung der Erfahrungen in einem anderen Bett (Ferien, Gästebett, Matratze auf dem Boden)


Wichtige Informationen zum Einfluss des Bettes können die Erfahrungen aus den Ferien oder von Hotelübernachtungen liefern. Der Vergleich kann Hinweise darauf geben, ob eventuell das heimische Bett zum Beispiel zu hart oder zu weich ist.
Im gleichen Sinn können Nächte im Gästebett oder im Bett der erwachsenen Kinder Hinweise darauf geben, ob das eigene Bett Verbesserungspotential hat. Besteht der Verdacht, dass das aktuelle Bett eher zu weich sein könnte, kann auch mal die Übernachtung auf der auf dem Boden platzierten Matratze neue Informationen liefern.


3. Abstützen der Seitenlage mit einem Seitenschläferkissen

Ein Seitenschläfer- oder „Stillkissen“ gibt dem Schläfer die Möglichkeit das obere Bein auf dem Kissen zu lagern. Damit wird die Beckenstellung stabilisiert und ein Kippen nach vorn verhindert. Das Kissen sollte unbedingt bis zum Brustbein reichen. Nur so kann das Bein auch abgestützt werden, wenn im Schlaf unbewusst das Knie Richtung Brustbein hochgezogen wird.

Damit solche Kissen wirken, müssen sie nicht lückenlos die ganze Nacht am richtigen Ort liegen. Umgekehrt braucht es bei sehr unruhigen Schläfern manchmal eine Befestigungsmöglichkeit an einem der Oberschenkel, sonst liegt das Kissen die
ganze Nacht neben dem Bett am Boden.


4. Störungsmassahmen für einzelne verdächtige Schlafpositionen

Wegen der meist unbewussten Wahl der Schlafposition im Laufe der Nacht und ganz speziell in der Tiefschlafphase, braucht es Möglichkeiten, darauf von aussen Einfluss zu nehmen. Ähnlich wie es gelegentlich bei Schnarchern gemacht wird, kann mit der gezielten Platzierung eines störenden Gegenstandes zum Beispiel die Rückenlage vermieden werden. Bewährt hat sich ein grosser Spraydosendeckel oder ein Unihockeyball in eine Socke platziert, fixiert mit zwei grossen Sicherheitsnadeln an einem eher engen T-Shirt oder Pyjama. Genau gleich kann man vorgehen, um die Bauchlage oder eine der Seitenlagen zu vermeiden.


5. Aufzeichnung der Schlafpositionen

Technisch ist es möglich, mit einem Messgerät die Schlafposition aufzuzeichnen und anschliessend die Graphik auszuwerten. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz einer Überwachungskamera mit Bewegungsmelder. Damit lässt sich, immer wenn sich die Testperson bewegt, für zwei Sekunden ein Video aufzeichnen.


6. Bewusste Entlastungshaltung für mindestens 20 Minuten vor dem Einschlafen

Wenn vermutlich die Erholung der Nacht nicht reicht, um den über den Tag entstandenen Reizzustand zu beruhigen, kann es sinnvoll sein, vor dem Schlafen ganz bewusst den Rücken in einer entlastenden Stellung zu entspannen, statt nochmals wie schon den ganzen Tag auf einem Stuhl am Tisch zu sitzen. Geeignet dafür ist eine entlastete „Liegestuhlstellung“ mit gleichzeitig gebeugter Stellung in den Knie- und Hüftgelenken.

Die Abklärung von Zusammenhängen zwischen Schmerz und Schlaf oder Bett ist immer als eine Ebene neben anderen zu sehen. Genauso wichtig ist die Behandlung von Muskelverspannungen, Beweglichkeitsstörungen an der Wirbelsäule und die Verbesserung der Körperhaltung sowie des Trainingszustandes der Muskulatur. Umgekehrt kann eine ungünstige Schlafposition oder eine schlechte Bettensituation den Effekt all der anderen Behandlungen während der Nacht immer wieder zunichte machen.